STUDIE ZUR SENSORISCHEN WAHRNEHMUNG BEI MENSCHEN MIT GEWICHTS- UND ESSPROBLEMEN VERÖFFENTLICHT.

Wie stark hängen Essverhalten, Gewichtsstatus und Essstörungen mit der Geschmackswahrnehmung zusammen? Im Rahmen einer dreiteiligen Studie ging eine internationale Forschungsgruppe um Prof. Dr. phil. Simone Munsch, Dr. phil. David Garcia-Burgos und Dr. med. Stephan N. Trier dieser Frage auf den Grund. Die Resultate deuten darauf hin, dass die unterschiedliche sensorische Wahrnehmung keine klinische Bedeutung für das Konsumverhalten hat.

Gewichtsprobleme und Essstörungen sind eng mit abnormalem Essverhalten verbunden. Die Vermutung liegt nahe, dass bei Menschen mit diesen Problemen auch die Geschmackswahrnehmung gestört ist, was wiederum zum Ausbruch oder zur Aufrechterhaltung des ungesunden Zustands beiträgt. Um diese nach wie vorumstrittene Frage zu untersuchen, hat sich eine internationale Forschungsgruppe in einer Studie mit der Thematik auseinandergesetzt. Zur Forschungsgruppe zählten neben Prof. Dr. phil. Simone Munsch von der Universität Fribourg (CH) und Dr. med. Stephan N. Trier von der Klinik Aadorf auch Dr. phil. David Garcia-Burgos und Fabienne Andres von den Universitäten Fribourg (CH) und Granada (ESP) sowie Prof Dr. phil. Claus Vögele von der Universität Luxemburg.

In der dreiteiligen Studie wurde die Fähigkeit zur Unterscheidung zwischen unterschiedlichen Süssigkeits- und Fettgehalten über zwei Forced-Choice-Aufgaben sowie die standardisierten Metriken der Signalerkennungstheorie (SDT) verglichen. In der ersten Studie wurden drei BMI-Gruppen berücksichtigt: Untergewicht, gesundes Normalgewicht und Übergewicht. In Studie 2 waren die Probandinnen derzeit erkrankte und genesene Patientinnen mit Anorexia oder Bulimia Nervosa sowie zwei alters- und gewichtsgleiche Kontrollgruppen. In der dritten Studie wurden schliesslich die SDT-Metriken der verschiedenen Stichproben miteinander verglichen.

Die mittlerweile veröffentlichten Ergebnisse der Studien zeigen keine grundsätzliche gustatorische Dysfunktion bei Betroffenen einer Essstörung, jedoch eine Urteilsverzerrung, erfasst durch die SDT-Messungen. Die SDT-Messungen weisen zudem darauf hin, dass untergewichtige Personen Schwierigkeiten bei der Unterscheidung des Fettgehalts in zuckerhaltigen Produkten bekundeten, während Patientinnen mit Essstörungen eine hervorragende Unterscheidung der Fettbestandteile aufwiesen. Aus methodischer Sicht resultiert aus den Studien die Erkenntnis, dass sich die SDT-Methodik lohnt, da mit dieser – im Gegensatz zur einfachen Erfassung von korrekten und falschen Antworten – die Erkennung eines differenzierteren Ergebnismusters möglich war. Dies unterstreicht die Bedeutung der SDT-Methodik bei der  Erforschung der Geschmackswahrnehmung von Menschen mit Gewichts- und Essproblemen.

Im Hinblick auf den Beitrag der Geschmackssensibilität zum Essverhalten und den Einfluss der Süss-Fett-Wahrnehmung auf das tatsächliche Konsumverhalten fand die Studie signifikante, aber nicht robuste Korrelationen zwischen der sensorischen Unterscheidungsfähigkeit und dem Konsum. Darüber hinaus zeigten die Ergebnisse, dass der Fett- und Zuckeranteil der einzelnen Nahrungsmittel in keiner BMI-Gruppe oder Patientenkategorie einen Einfluss auf die konsumierten Mengen hatte – die Konsummenge unterschied sich zwar zwischen den Gruppen, jedoch gab es keine robusten Unterschiede der Konsummenge innerhalb einer Gruppe abhängig von der Zusammensetzung der dargebotenen Nahrungsmittel. Die Studie ist somit die erste, die SDT verwendet und keinen Einfluss der Zusammensetzung der Zutaten auf das Essverhalten in irgendeiner BMI-Gruppe oder Patientenkategorie zeigt, was darauf hindeutet, dass die Variabilität der sensorischen Wahrnehmung keine klinische Bedeutung für das tatsächliche Konsumverhalten hat.

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Die Studie wurde im Journal of Sensory Studies veröffentlicht. 

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